«Wenn die Lehrbetriebe ihre Verantwortung wahrnehmen, ergibt sich eine Win-Win-Situation."

 

Marco Jetzer ist Verantwortlicher Aus- und Weiterbildung Produktion bei der Maestrani Schweizer Schokoladen AG. Seit 2019 ist Marco Mitglied im Vorstand der AG LMT, wo er die Schwerpunkte Schokolade & Zuckerwaren vertritt. Zudem unterstützt Marco die AG LMT als Kursleiter bei den Praxisbildnerkursen. 

 

Marco, wie viele Lernende Lebensmitteltechnologe*in EFZ und Lebensmittelpraktiker*in EBA bilden die Schwerpunkte Schokolade & Zuckerwaren aktuell aus?

Zur Zeit sind 39 Lernende in 12 Betrieben im Schwerpunkt Schokolade in Ausbildung. Im Schwerpunkt Zuckerwaren sind es 6 Lernende verteilt auf 3 Betriebe. Auf der Karte unten sind die Standorte der Ausbildungsbetriebe abgebildet. Die roten Sterne kennzeichnen die Lehrbetriebe im Schwerpunkt Schokolade. Die blauen Sterne stehen für die Lehrbetriebe der Zuckerwaren.

 

Welches ist deine Aufgabe in der AG LMT?

Als Schwerpunktleiter Schokolade/Zuckerwaren vertrete ich die Mitgliedfirmen dieser Branche im Vorstand. Als Bindeglied zwischen AG LMT und den Mitgliedfirmen unserer Branche bin ich beispielsweise dafür zuständig, dass Informationen an die richtigen Stellen kommen. Für die Lehrbetriebe oder solche, die es werden wollen, bin ich für unseren Schwerpunkt Ansprechpartner in Berufsbildungsfragen. Mit der AG LMT sind wir zurzeit an der BiVo-Revision «Foodtura25» unserer Berufe Lebensmitteltechnologe*in EFZ / Lebensmittelpraktiker*in EBA dran. Hier wirke ich in der Projektgruppe mit.

Woher kommt deine Motivation in der AG LMT mitzuwirken?

Die Berufsbildung im Besonderen und die Personalentwicklung im Allgemeinen interessieren mich und liegen mir sehr am Herzen. Ich bin der Überzeugung, dass der Mensch der wichtigste Erfolgsfaktor in einem Unternehmen ist. Wenn wir diesen Erfolgsfaktor nicht fördern und fordern, können wir keine qualitativ hochwertigen Produkte herstellen. Gerade in der Grundausbildung bei jungen Menschen können wir den Grundstein legen. Wenn wir hier bereits richtig fördern und fordern, gewinnen nicht nur die Unternehmen und die Branche top Fachkräfte, es gewinnt auch jeder einzelne Lernende an Sozial-, Selbst-, Methoden- und Fachkompetenzen. Diese Kompetenzen werden deren Lebensweg massgebend prägen. Dies bei meinem Arbeitgeber, der Maestrani Schweizer Schokoladen AG und der AG LMT mitgestalten zu können, treibt mich an und erfüllt mich mit Stolz.

Wie ist der Schwerpunkt organisiert?

Wir gehören dem Verband Chocosuisse an, der seinen Hauptsitz wie auch die AG LMT in Bern hat. Chocosuisse hat diverse Kommissionen, welche überbetrieblich zusammenarbeiten. Zum Thema Berufsbildung gibt es zwei Kommissionen, die «Branchengruppe LMT Schokolade», welcher unser Präsident der AG LMT, Dominik Cadosch, vorsteht. Die zweite ist die «Kommission für Ausbildungsfragen», welche ich präsidiere. Diese Kommission ist eine gemeinschaftliche Kommission mit Biscosuisse.

Zweimal jährlich findet eine Tagung statt. Die Lehrbetriebe haben die Möglichkeit, sich in den Kommissionen einzubringen. Eine Mitwirkung ist erwünscht und wichtig. So können wir die Berufsbildung innerhalb der Branche aufgrund eines breiten Erfahrungsaustausches weiterentwickeln und branchenübergreifend in der AG LMT einfliessen lassen.

Die überbetrieblichen Kurse werden in der Schokoladenindustrie durch Max Bruderer und Thierry Chapuis organisiert. In der Zuckerwaren-Industrie hat diese Aufgabe Thomas Fringeli inne. An dieser Stelle möchte ich den drei üK-Verantwortlichen für ihre wertvolle Arbeit herzlich danken.

Gibt es ein besonderes Erlebnis mit einem*r Lernenden, das du mit uns teilen möchtest?

Da habe ich schon sehr viele, schöne, tolle, lustige, spannende, herausfordernde oder auch traurige Momente erlebt. Ein Erlebnis, welches mir bis heute noch sehr präsent in Erinnerung ist, war ein Arbeitsunfall eines Lernenden. Dieser hat sich bei einer Packmaschine die Hand zwischen 160°C heissen Siegelbacken eingeklemmt. Ich war Ersthelfer vor Ort und befreite ihn aus den Siegelbacken. Seine Schreie höre ich heute noch, wenn ich daran denke. Dies ist sicher schon 15 Jahre her. Die Arbeitssicherheit hat sich all die Jahre richtig stark weiterentwickelt. Aber auch hier dürfen wir den Faktor Mensch nicht vergessen. Der Mensch «findet» immer irgendwo eine Möglichkeit, sich zu verletzen. Gerade bei jungen Lernenden ist das Unfallrisiko etwa doppelt so hoch, wie bei einem erfahrenen Mitarbeitenden. Daher ist es mir sehr wichtig, dass die Praxis- und Berufsbildner*innen als Vorbilder vorangehen und die Lernenden bezüglich Arbeitssicherheit gut ausbilden und sensibilisieren.

Welche Frage möchtest du gerne mal gestellt bekommen und wie lautet die Antwort dazu?

Die Frage, die ich gerne beantworten möchte, lautet: Nehmen Lehrbetriebe ihre Verantwortung als Lehrbetrieb wahr?

Es gibt sicher vorbildliche Lehrbetriebe, welche die Berufsbildung gut, sogar professionell, organisiert haben und ihre Verantwortung in der Berufsbildung richtig umfangreich wahrnehmen. Ich bin aber der Meinung, dass diesbezüglich noch viel Verbesserungspotenzial vorhanden ist, und wir dieses noch besser ausschöpfen können. Ich behaupte, dass es in der Schweiz noch viele Firmen gibt, welche diese Verantwortung zu wenig wahrnehmen. Es ist eine Chance, die wir nutzen müssen, um unsere Branche attraktiver zu machen. Die Arbeitgeber sind auf Fachkräfte angewiesen. Also sollen sie auch darin investieren. Es benötigt genügend Ressourcen, Lernende (die Fachkräfte von Morgen) auszubilden. Da denke ich insbesondere auch an zeitliche und personelle Ressourcen. Es funktioniert nicht nachhaltig, wenn ein*e Mitarbeiter*in zu 100% einer Hauptfunktion nachgeht und nebenbei noch Berufsbildner*in sein soll. Auch sollten Lernende gefördert und gefordert werden und nicht als billige Arbeitskräfte eingesetzt werden.

Ich erwarte von den Lehrbetrieben, dass sie ihre Verantwortung wahrnehmen und die notwendigen Ressourcen für die Berufsbildung zur Verfügung stellen. Wenn die Lehrbetriebe ihre Verantwortung wahrnehmen, ergibt sich eine Win-Win-Situation für die Lernenden, die Betriebe und die Branche.

Zum Schluss möchte ich auf eine von zahlreichen Studien verweisen, die aufzeigt, dass das Kosten-Nutzen-Verhältnis der Berufsbildung für die Unternehmen meistens positiv ist.

Die Studie vom EHB ist hier nachzulesen. 

 

Marco, wir danken dir für den Einblick in deinen Arbeitsalltag und freuen uns auf die weitere Zusammenarbeit mit dir!

 

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